Grünes Kino. Beziehungen von Film und Ökologie

Grünes Kino. Beziehungen von Film und Ökologie

Veranstalter
Universität Bremen, Freie Universität Berlin, CITY46 / Kommunalkino Bremen
Veranstaltungsort
CITY46 / Kommunalkino Bremen
PLZ
28334
Ort
Bremen
Land
Deutschland
Vom - Bis
18.05.2022 - 21.05.2022
Deadline
16.10.2021
Von
Angela Rabing

2022 erkundet das Symposium die Beziehungen zwischen Natur und Film. Im Fokus stehen aktuelle und historische Entwürfe, die Film/Kino in ökologischen Zusammenhängen betrachten: als Utopien und Dystopien in unterschiedlichsten Genres, in Formen nachhaltiger Kinokultur und Filmwirtschaft oder als Gegenstand von historischen und zeitgenössischen Filmtheorien. Das Symposium lädt internationale Fachleute, Filmschaffende und Publikum ein, gemeinsam die Facetten eines Grünen Kinos zu erkunden.

Grünes Kino. Beziehungen von Film und Ökologie

Grünes Kino setzt sich mit dem ökologischen Fußabdruck der Filmproduktion auseinander, sowie mit Formen nachhaltiger Kinokultur und Filmwirtschaft. Daneben ist ein Grünes Kino auch Gegenstand von historischen und zeitgenössischen Filmtheorien. Die Auseinandersetzung mit Grünem Kino bietet die Möglichkeit, Natur und Umwelt zu erfahren, Naturentwürfe in Geschichte und Gegenwart zu erkennen, Filmkultur ökologisch neu auszurichten und schließlich als Naturkultur neu zu denken. Das Symposium lädt internationale Fachleute, Filmschaffende und Publikum ein, gemeinsam die vielfältigen Facetten eines Grünen Kinos zu erkunden. Es werden Abstracts erbeten, die sich auf das skizzierte Spektrum beziehen (oder darüber hinaus gehen) und ein Interesse an interdisziplinärem, filmtheoretischem oder kinopraktischem Austausch erkennen lassen.

Wenn Sie am 26. Internationalen Bremer Symposium zum Film teilnehmen möchten, dann senden Sie uns bis zum 16.10.2021 ein Abstract (2000 Zeichen) und eine Kurzbiografie in deutscher oder englischer Sprache. Im Rahmen der begrenzten Mittel kann ein Reisekostenzuschuss gewährt werden. Die Konferenz setzt sich aus Vorträgen, Diskussionen, Filmvorführungen und Gesprächen zusammen. Sie wird vom 18.–21. Mai 2022 im Kommunalkino Bremen / CITY 46 stattfinden und von diesem in Kooperation mit der Universität Bremen und der Freien Universität Berlin als Präsenzveranstaltung geplant. Eine Online-Teilnahme wird möglich sein.

Naturräume sind seit der Frühzeit des Kinos Teil der Filmgeschichte. Aufnahmen von Pflanzen, Gärten, Gewässern und Landschaften spielen dabei eine besondere Rolle. Sie treten als Dekor, Hintergrund oder Rahmung für menschliche Geschichten in Erscheinung. Nur selten sind sie die eigentlichen Hauptcharaktere oder stehen im Zentrum des Geschehens. Grünes Kino setzt sich mit den ästhetischen Inszenierungen und audiovisuellen Modellierungen von Naturräumen auseinander. Das Verhältnis von Film und Ökologie durchzieht die unterschiedlichsten Genres. Der Western prägt mit seinen Landschaftsdarstellungen spezifische Vorstellungen eines Lebens in und mit der Natur. Biohorror und Science-Fiction-Filme lassen Pflanzen als andere Wesen in Erscheinung treten. Lehr- und Unterrichtsfilme inszenieren Wachstumsprozesse in Zeitrafferaufnahmen. Autoren-filme zeugen häufig von urbanen Landschaften. Naturdokumentarfilme aber auch Katastrophenfilme modellieren Naturschönheit und -zerstörung gleichermaßen.

Die Beziehungen von Film und Ökologie lassen sich zudem an den Produktionsumständen und Entstehungsbedingungen untersuchen. Filmästhetische Ansätze werden so um film- und medienökologische Perspektiven erweitert und werfen folgende Fragen auf: Inwiefern zeugen die inszenierten Naturräume von der Geschichte der industriellen Kultur? Inwieweit ist ein Grünes Kino eingebunden in Herrschaftsstrukturen (wie z.B. ethnische Differenz, Klassendifferenz, anthropologische Differenz) oder Teil einer kolonialen bzw. postkolonialen Geschichte? Welche Rolle spielen dabei Fragen der Wissensgeschichte, der Epistemologie oder der Botanik? Inwiefern unterminieren filmische Naturräume aber auch die historisch weit zurückreichende Trennung von Natur und Kultur und öffnen den Blick auf audiovisuelle Naturkulturen? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das Verhältnis von Menschheitsgeschichte und Naturgeschichte?

Daneben haben Naturräume in der Filmtheorie in vielfältiger Weise Spuren hinterlassen. Siegfried Kracauer (1960) beschreibt „im Wind sich regende Blätter“ und hebt damit auf die Bewegungsdimension von Natur und Film gleichermaßen ab. Die Filmavantgardistin Germaine Dulac lenkt die Aufmerksamkeit auf die zeitliche Dimension des Wachstums von Pflanzen und setzte zur Illustration ihrer Vorträge stets einen kurzen Film über das Keimen von Bohnen im Zeitraffer ein. Vor dem Hintergrund von Klimawandel und Anthropozän hat Jennifer Fay jüngst eine filmwissenschaftliche Neuausrichtung unter dem Titel Inhospitable World. Cinema in the Time of the Anthropocene (2018) vorgestellt. In weiteren Positionierungen werden audiovisuelle Naturräume aktuell u.a. bei Adrian Ivakhiv (2013) in einem grundsätzlichen Sinne im Schnittfeld von Ästhetik und Politik verortet. Ausgehend von Fragen nach Natur und Ökologie verbinden sich film-, medien- und geschichtswissenschaftliche Positionen auf produktive Weise mit Forschungen der Environmental Humanities und des Queer-/ Ökofeminismus oder mit Critical Plant Studies und Cultural Animal Studies.

Der ökologische Fußabdruck des Kinos offenbart sich einerseits darin, wie Kinos als Kulturorte gestaltet und betrieben werden. Die Filmförderanstalt in Deutschland (German Federal Film Board) hat hierzu unlängst ein Handbuch zur Ausgestaltung von „Grünen Kinos“ vorgelegt (FFA 2018). Auch eine ökologisch ausgerichtete Filmproduktion wird von vielen Fördereinrichtungen inzwischen besonders unterstützt. Die Perspektive auf ein Grünes Kino ist für Filmwissenschaft und Kinoarbeit dann besonders produktiv und zukunftsweisend, wenn die Zusammenhänge von Ästhetik, materieller Welt und ökologischen Kreisläufen stärker als bisher in den Blick treten. Mit ihrer Publikation The Cinematic Footprint. Lights, Camera, Natural Resources (2012) hat Nadia Bozak den Zusammenhang von Filmästhetik und Politik in Richtung Ökologie erweitert und herausgestellt, dass die Industrialisierung in die (technischen) Bilder und Medien eingeschrieben (embedded) ist. Anders formuliert: Einen Wald kann man heute nicht mehr filmen ohne an die Ökologie der Wälder und die ressourcen-verschlingenden Film-Industrie-Kulturen zu denken. In den kinematografischen Bildern der Wälder lassen sich diese Zusammenhänge aber auch als Geschichte von Naturkulturen nachweisen und entziffern.

Das 26. Internationale Bremer Symposium zum Film versteht sich als Forum, das unterschiedliche theoretische und methodologische Ansätze zum Thema Grünes Kino zusammenbringt. Das Symposium lädt zum interdisziplinären Austausch ein und möchte zudem das Spektrum von Erzählungen, Darstellungen und Inszenierungen eines Grünen Kinos sicht- und hörbar machen, Theorieansätze zu den ökologischen Zusammenhängen von Film und Kino diskutieren und Beispiele einer nachhaltigen Kinopraxis vorstellen.

Literatur:
Bozak, Nadia (2012) The Cinematic Footprint. Lights, Camera, Natural Resources, Rutgers U Press.
FFA (2018) Das Grüne Kinohandbuch, Berlin.
Ivakhiv, Adrian A. J. (2013) Ecologies of the Moving Image: Cinema, Affect, Nature, Wilfrid Laurier U Press.
Fay, Jennifer (2018) Inhospitable World. Cinema in the Time of the Anthropocene, Oxford U Press.
Kracauer, Siegfried (1960) Theory of Film, Princeton U Press.

Kontakt

Angela Rabing, rabing@uni-bremen.de

https://www.uni-bremen.de/film/symposium
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Veröffentlicht am
Beiträger
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
Sprache der Ankündigung